Humboldt-Universität zu Berlin - Abteilung Sportsoziologie

Sozialkapital, Partizipation und Sport

Foto: © LSB NRW | Andrea Bowinkelmann

Als eine Ressource für den sozialen Zusammenhalt moderner Gesellschaften gilt das „Sozialkapital“ („social capital“) einer Gesellschaft. Dieses Sozialkapital entsteht vor allem in den gemeinschaftlichen Beziehungsnetzwerken einer lebendigen Bürgergesellschaft ­– den Vereinen, Projekten und Initiativen in der assoziativen Lebenswelt. Die Abteilung Sportsoziologie analysiert auf theoretischer und empirischer Ebene Funktion und Bedeutung von freiwilligen Vereinigungen und bürgerschaftlichem Engagement in Sport und Gesellschaft als Produzenten und Katalysatoren von Sozialkapital.

Problemaufriss

Der Terminus Sozialkapital ist in Wissenschaft und Politik zu einem schillernden Modebegriff avanciert. Popularisiert wurde er seit Ende der 1970er Jahre insbesondere durch die soziologischen bzw. politikwissenschaftlichen Arbeiten von Pierre Bourdieu, James Coleman und Robert Putnam. Sie inspirierten mit ihren unterschiedlichen Begriffsverständnissen von Sozialkapital disparate Diskussionen über Zustand und Zukunft moderner Gesellschaften.

Die verschiedenen Ansätze und damit verbundenen Begriffsverständnisse sind eine wesentliche Ursache dafür, dass bislang ein übergreifender Konsens fehlt, was unter Sozialkapital zu verstehen ist. Ein Minimalkonsens zeichnet sich lediglich dahingehend ab, dass mit Sozialkapital die Gesamtheit all jener Ressourcen bezeichnet wird, die aus der Einbindung von Individuen in soziale Beziehungsnetzwerke resultieren und die auf der Mikro- und Makroebene ganz unterschiedliche soziale Effekte haben können.

In diesem Kontext hatte das Begriffsverständnis von Robert Putnam den mit Abstand nachhaltigsten Einfluss auf die breiten Diskussionen über die Bürgergesellschaft und die damit verbundenen Vorstellungen von bürgerschaftlich getragenen Vereinen, Projekten und Initiativen als „Produzenten“ von Sozialkapital in modernen Gesellschaften. Sozialkapital wird dabei zur Erklärung vielfältiger gesellschaftlicher Phänomene herangezogen: als Medium der sozialen Integration, als Basis für die Prosperität moderner Gesellschaften, als Grundlage für das Funktionieren moderner Demokratien und Marktwirtschaften oder für die Leistungsfähigkeit politischer Institutionen und als alternative Ressource zur Lösung sozialer Probleme in unterschiedlichen Bereichen (z.B. Bildung, Wohlfahrt oder Gesundheit).

Dank der Sozialkapital-Forschung und der damit verbundenen gesellschaftspolitischen Diskussionen wurden Vereine, Projekte und Initiativen speziell auch in der Sport-, Bewegungs- und Freizeitkultur ins Zentrum der politischen und öffentlichen Aufmerksamkeit gerückt. Wohl noch nie in der bundesdeutschen Geschichte standen freiwillige Vereinigungen, Mitgliedschaften und bürgerschaftliches Engagement so im Zentrum einer gesamtgesellschaftlichen Debatte wie in der laufenden Sozialkapital-Diskussion. Vor diesem Hintergrund forscht und berät die Abteilung Sportsoziologie auf theoretischer und empirischer Ebene über die assoziative Lebenswelt in der Sport-, Bewegungs- und Freizeitkultur als Quelle von Sozialkapital und Motor der sozialen Integration.

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