Humboldt-Universität zu Berlin - Abteilung Sportsoziologie

Integration, Migration und Sport

Foto: (c) LSB NRW | Andrea Bowinkelmann

„Der Sport fördert die Integration der Migranten“, so lautet eine weit verbreitete Annahme. Dass sich die gesellschaftliche Integration von Personen mit Migrationshintergrund jedoch nicht für alle immer „spielerisch“ und automatisch vollzieht, bleibt vielfach unberücksichtigt. Die Abteilung Sportsoziologie analysiert die sozialen Integrationsleistungen des Sports und speziell der Sportvereine und forscht zu möglichen (des)integrativen Herausforderungen der Sport-, Bewegungs- und Freizeitkultur für Personen mit Migrationshintergrund. Dabei arbeitet die Abteilung Sportsoziologie eng mit zivilgesellschaftlichen und staatlichen Akteuren zusammen.

Problemaufriss

Deutschland ist mit seinen rund 15 Millionen Bürgerinnen und Bürgern mit Migrationshintergrund ein Einwanderungsland. Die Integration vom Migrantinnen und Migranten ist zu einer der zentralen Querschnittsaufgaben moderner Gesellschaften geworden, vor der sich auch die deutsche Gesellschaft nicht verschließen kann. Dabei werden dem Sport nahezu von allen gesellschaftlichen Akteuren bedeutende integrative Wirkungen zugesprochen. Allerdings lässt die anhaltend geringe Partizipation von Menschen mit Migrationshintergrund vor allem im vereinsorganisierten Sport erkennen, dass Slogans wie „Sport verbindet!“, „Sport spricht alle Sprachen!“ oder „Integrationsmotor Sportverein“ der Realität oftmals nicht uneingeschränkt standhalten.

Als Erklärungsansatz für die fortbestehende Unterrepräsentanz von Migranten und vor allem Migrantinnen in Settings der Sport-, Bewegungs- und Freizeitkultur wird vielfach der ethnisch-kulturelle Hintergrund herangezogen. Ein prominentes Beispiel dafür sind eigenethnische Sportvereine, -projekte und -initiativen, die von vielen als Bestandteil von „Parallelgesellschaften“ in der Aufnahmegesellschaft betrachtet werden, da sich ethnisch homogene Bevölkerungsgruppen räumlich, sozial und kulturell von der Aufnahmegesellschaft abschotten würden. Neben diesen zur Kulturalisierung neigenden Vorstellungen sind jedoch auch und insbesondere vielfältige weitere Integrationsbarrieren für Personen mit Migrationshintergrund in die Sport-, Bewegungs- und Freizeitkultur in Deutschland zu diskutieren. Die Folgen sozialer Ungleichheit auf dem Arbeitsmarkt oder im Bildungssystem sind ebenso zu nennen wie subtile Ausgrenzungsmechanismen bestimmter Sportarten oder Vereine.

Allerdings basiert der nach wie vor virulente und kontroverse Diskussionshorizont über die Integrationsleistungen von Sport-, Bewegungs- und Freizeitarrangements für Personen mit Migrationshintergrund häufig auf normativ eingefärbten Annahmen mit Plausibilitätsanspruch, da wissenschaftliche Studien nur begrenzt vorliegen. Vor diesem Hintergrund untersucht die Abteilung Sportsoziologie, auf welche Weise und unter welchen Bedingungen die Integration von Personen mit Migrationshintergrund in und durch den Sport und speziell durch Vereine als zivilgesellschaftlicher Infrastruktur vor Ort verläuft bzw. gefördert werden kann. Darüber hinaus werden in Evaluationsstudien die Träger von integrationsfördernden Projekten und Initiativen forschend begleitet und beraten.

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