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OSSKAR-Studie: Organisierter Sport und Soziales Kapital – Revisited

Projektdaten

Bei der OSSKAR-Studie: Organisierter Sport und Soziales Kapital – Revisited handelt es sich um ein Kooperationsprojekt von Prof. Dr. Ulrike Burrmann (Humboldt-Universität zu Berlin), Prof. Dr. Sebastian Braun (Humboldt-Universität zu Berlin) und Prof. Dr. Michael Mutz (Justus-Liebig-Universität Gießen).

Die Laufzeit des Projekts erstreckte sich von 2017 bis 2018.

Projektbeschreibung

In der OSSKAR-Studie wird auf empirischer Grundlage untersucht, inwieweit lokale Vereine und insbesondere Sportvereine zur (Re‑)Produktion von „Sozialkapital“ beitragen können. Zu diesem Zweck greift die Untersuchung insbesondere auf das Konzept des „Sozialkapitals“ zurück, das seit den einschlägigen Studien von Robert D. Putnam (1993, 2000) weitreichend thematisiert wird, zugleich aber auch theoretisch präzisiert und für empirische Studien weiter ausdifferenziert wurde. Im Fokus stehen dabei theoretisch und empirisch bedeutsame Dimensionen wie soziale Beziehungen, soziales Vertrauen und Normen der Gegenseitigkeit ebenso wie Netzwerke zivilgesellschaftlichen Engagements wie z.B. das lebensweltlich eingebundene Vereinswesen.

Die OSSKAR-Studie schließt damit an traditionsreiche sozialwissenschaftliche Diskussionslinien an, die aus unterschiedlichen Perspektiven die grundlegende Annahme thematisieren, dass Mitglieder in lokalen Vereinen wie z.B. Sport-, Gesangs-, Musik-, Heimat-, Kunst- oder Kulturvereinen Fähigkeiten und Dispositionen ausbilden würden, die über das Vereinsleben hinaus auf vielfältige gesellschaftliche Lebenszusammenhänge übertragen würden (im Überblick z.B. Zimmer, 2007). In den kleinräumigen Strukturen der Zivilgesellschaft (re)generiere sich Sozialkapital, weil es sich im Zuge des kontinuierlichen gemeinschaftlichen Handelns beiläufig erhöhe. Damit entstünde zugleich aber auch ein individuelles Gut, da die Individuen, die in ein vereinsgebundenes Netz dauerhafter sozialer Beziehungen eingebunden sind, auf persönliche und alltägliche Unterstützungs- und Hilfeleistungen anderer Mitglieder vertrauen könnten.

Vor dem Hintergrund dieser geläufigen Annahmezusammenhänge konzentriert sich die OSSKAR-Studie auf Mitglieder in Sportvereinen in Deutschland und stellt dabei u.a. den Vergleich zu Vereinsmitgliedern in anderen Handlungsfeldern her. Auf empirischer Ebene ist zu diesem Zweck ein bundesweiter Bevölkerungssurvey in Deutschland zur „Bedeutung von Sportvereinen für den gesellschaftlichen Zusammenhalt“ realisiert worden, mit dessen Durchführung Kantar Public (2018) beauftragt wurde. Kantar Public setzte die entsprechende Befragung im Zeitraum von Mitte Dezember 2017 bis Anfang Januar 2018 auf der Basis eines konzerninternen Online Access Panels um, bei dem Personen im Alter ab 18 Jahren in Deutschland befragt wurden.

Die Stichprobe (n=2.568) der OSSKAR-Studie erlaubt es, statistische Zusammenhänge und Regelmäßigkeiten zwischen unterschiedlichen Partizipationsformen in (Sport-)Vereinen einerseits und relevanten Dimensionen von Sozialkapital andererseits herauszuarbeiten. Dazu gehören u.a. soziales Vertrauen, Gesellungsformen und Unterstützungsleistungen, soziale Beziehungen, freiwilliges Engagement, Werte und politische Einstellungen der Individuen. Darüber hinaus wurden soziodemografische Merkmale erhoben, die für die Kontrolle der sozialen Selektivität bedeutsam sind, die einer Vereinsmitgliedschaft vorgelagert ist. Schließlich wurden Vergleiche mit einer bundesweiten Bevölkerungs- und Sportvereinsmitgliederbefragung aus dem Jahr 2001 vorgenommen (Baur & Braun, 2003), um zu einzelnen Sozialkapital-Dimensionen Trendaussagen zu ermöglichen.

Zentrale Ergebnisse der OSSKAR-Studie sind in den folgenden drei Publikationen dargestellt:

Burrmann, U., Braun, S. & Mutz, M. (2019). Playing together or bowling alone? Social capital-related attitudes of sports club members and non-members in Germany in 2001 and 2018. European Journal for Sport and Society, 16(2), 164-186. doi:10.1080/16138171.2019.1620412

Burrmann, U., Braun, S. & Mutz, M. (2020). In Whom Do We Trust? The Level and Radius of Social Trust among Sport Club Members. International Review for the Sociology of Sport, 55(4), 416-436. doi:10.1177/1012690218811451

Mutz,  M.,  Burrmann,  U.  &  Braun,  S.  (2022).  Speaking  acquaintances  or helpers   in   need:   Participation   in   civic   associations   and   individual   social   capital. VOLUNTAS: International Journal of Voluntary and Nonprofit Organizations, 33, 162-172. doi: 10.1007/s11266-020-00274-x

zitierte Literatur:
Baur, J. & Braun, S. (Hrsg.). (2003). Integrationsleistungen von Sportvereinen als Freiwilligenorganisationen. Aachen: Meyer & Meyer
Kantar Public (2018). Bedeutung von Sportvereinen für den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Methodenbericht zur Durchführung der Bevölkerungsbefragung. Unveröffentlichtes Dokument, Kantar Public, München.
Putnam, R. (1993). Making Democracy Work: Civic Traditions in Modern Italy. Princeton: Princeton University Press
Putnam, R. (2000). Bowling Alone. The collapse and revival of American community. New York: Simon & Schuster.
Zimmer, A. (2007). Vereine – Zivilgesellschaft konkret. Wiesbaden: VS-Verlag für Sozialwissen­schaften.