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Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) in der Zivilgesellschaft - eine empirische Untersuchung

Projektbeschreibung

Die unter dem Dach des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) organisierten Sportvereine stehen vor grundlegenden gesellschaftspolitischen Herausforderungen: Auf der einen Seite hat sich der DOSB mit seinem ausdifferenzierten Sportvereinswesen in den letzten Jahrzehnten zu der mit Abstand größten Personenvereinigung mit dem höchsten Anteil bürgerschaftlich engagierter Personen entwickelt. Durch dieses Größenwachstum ist das Sportvereinswesen zu dem zentralen Organisationsfaktor mit lebensweltlicher Einbindung in der deutschen Zivilgesellschaft avanciert.

Auf der anderen Seite droht nach Einschätzung vieler Expertinnen und Experten das zivilgesellschaftliche Fundament des Sportvereinswesens zu erodieren. Beispielsweise gelingt es vielen Vereinen nicht mehr, Mitglieder für Vorstandsämter und Leitungsaufgaben zu rekrutieren; sie werden insofern nur noch kommissarisch geführt. Darüber hinaus scheinen sich vor allem Großvereine von zivilgesellschaftlich fest verankerten, bedarfswirtschaftlich ausgerichteten Wertegemeinschaften mit langfristigen Mitgliedschaften und einem belastbaren „Ehrenamt“ zu betriebswirtschaftlich geführten Dienstleistungsorganisationen auf dem Sportanbietermarkt zu wandeln. Parallel dazu sinken erstmals in der bundesdeutschen Geschichte die Mitgliederzahlen im DOSB, während kommerzielle Sportanbieter wie z.B. Fitnessstudios immer breitere Bevölkerungsgruppen als Kunden gewinnen.

Verliert also der vereins- und verbandsorganisierte Sport die für Staat und Politik so bedeutsamen Konturen eines maßgeblichen zivilgesellschaftlichen Akteurs in Deutschland? Erodiert mit dem Sportvereinswesen ein gerade für die unmittelbare Lebenswelt der Bürgerinnen und Bürger so bedeutsamer Akteur, der bislang u.a. durch seine Sozialisations-, Integrations-, Partizipations- oder Gesundheitsfunktion maßgeblich zur Leistungsfähigkeit der Zivilgesellschaft in Deutschland beigetragen hat?

Eine fundierte Antwort auf diese Frage ist derzeit nicht zuletzt deshalb schwierig, weil für den DOSB und dessen Mitgliedsorganisationen keine kohärente „engagementpolitische Konzeption“ vorliegt. Ein solches Leitbild wäre gerade zum gegenwärtigen Zeitpunkt von grundlegender Bedeutung; denn mit dem Wandel von Staatsaufgaben und einer veränderten Aufgabenteilungen zwischen Staat, Markt und Zivilgesellschaft in Deutschland ­– dem „Wohlfahrtsmix“ – gerät auch das Konzept der „partnerschaftlichen Zusammenarbeit“ zwischen Staat und Sport, das vor allem auf den zivilgesellschaftlichen Potenzialen des organisierten Sports basiert, unter erheblichen Legitimationsdruck. Die Neujustierung dieses für beide Seiten elementaren Konzepts bedarf also einer fundierten engagementpolitischen (Neu‑)Konzeption des organisierten Sports, um eine systematische staatliche Förderpolitik zugunsten der Sportvereine inhaltlich fundiert diskutieren und legitimieren zu können.

Diese Aufgabe soll im Rahmen des Projekts auf der Basis einer systematischen Analyse der Sportvereine im DOSB als zivilgesellschaftlichen Akteuren geleistet werden, um auf dieser Grundlage die zivilgesellschaftlichen Potenziale des vereinsorganisierten Sports in Deutschland systematisch erschließen und in ein kohärentes engagementpolitisches Leitbild überführen zu können.  Dieses Leitbild soll eine konkrete Arbeitsgrundlage für eine zeitgemäße, dem gesellschaftlichen Wandel angepasste Ausgestaltung der zivilgesellschaftlichen Strukturen im organisierten Sport bilden.

Weitere Projektdaten

Projektteam: Prof. Dr. Sebastian Braun (Projektleiter), Carina Böttcher, Dr. Stefan Hansen, Dr. Tina Nobis, Doreen Reymann

Laufzeit: 03/2009 bis 02/2011

Mittelgeber: Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ)