Humboldt-Universität zu Berlin - Abteilung Sportsoziologie

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Migrantenorganisationen mit sportbezogenen Handlungsfeldern

Projektbeschreibung

Freiwillige Vereinigungen gelten gemeinhin als Produzenten von „Sozialkapital“: Sie begünstigten die Entwicklung von Bürgerkompetenzen, erzeugten soziales Vertrauen und trügen letztlich auch zum Zusammenhalt moderner Gesellschaften bei.

Bemerkenswert an dieser Debatte ist allerdings, dass es scheinbar auch solche Vereinigungen gibt, deren Gemeinwohlorientierung mehr oder weniger ausdrücklich in Frage gestellt wird: So werden gerade die Integrationsleistungen von Migrantenorganisationen, deren Anzahl laut Expertenmeinungen beständig wächst, unterschiedlich beurteilt:

Einerseits wird argumentiert, dass ethnische Selbstorganisation eine „Sackgasse der Integration“ sei, weil sie zu einer räumlichen, sozialen und kulturellen Abschottung ethnisch homogener Bevölkerungsgruppen führe und letztlich sogar in der Etablierung von so genannten Parallelgesellschaften münden könne. Andererseits werden immer häufiger gegenteilige Einschätzungen vertreten: So dürften Menschen mit Zuwanderungsgeschichte nicht als „Integrationsobjekte“ begriffen werden, für die deutsche Verbände und Vereine spezifische Maßnahmen und Programme bereitstellen müssten. Über Migrantenorganisationen könnten sie ihre soziale Integration in die Gesellschaft vielmehr selbst aktiv vorantreiben und eigenverantwortlich mitgestalten, ihre Bedürfnisse und Interessen im Dialog mit der Aufnahmegesellschaft formulieren und letztere auch kulturell bereichern.

Wenngleich die Diskussion über Migrantenorganisationen zunehmend differenzierter geführt wird, basiert der kontroverse Diskussionshorizont in erster Linie auf normativen Annahmen mit Plausibilitätsanspruch. – Das gilt auch und insbesondere für Migrantenorganisationen mit sportbezogenen Handlungsfeldern.

Vor dem skizzierten Hintergrund besteht das leitende Ziel des Forschungsvorhabens darin, auf der Basis systematischer quantitativer und qualitativer empirischer Untersuchungen die Verbreitung, die Integrationspotenziale und das integrationspolitische Selbstverständnis von Migrantenorganisationen mit sportbezogenen Handlungsfeldern zu erfassen und herauszuarbeiten.

Dabei werden in insgesamt drei Teilstudien sowohl Vereine als auch nicht-institutionalisierte Vereinigungen mit sportbezogenen Handlungsfeldern in den Blick genommen. In der ersten Teilstudie geht es um die Aufarbeitung der gesellschafts- und sportpolitischen sowie der fachwissenschaftlichen Debatten über Migrantenorganisationen. Bei der zweiten Teilstudie handelt es sich um eine quantitativ angelegte empirische Strukturerhebung über Migrantenorganisationen in ausgewählten Regionen Deutschlands. Eine dritte qualitative Teilstudie soll einen vertieften Einblick in das Selbstverständnis und die Aktivitäten von Migrantenorganisationen mit sportbezogenen Handlungsfeldern ermöglichen. Auf der Grundlage dieser Daten kristallisieren sich dann schließlich Diskussions- und Handlungsbedarfe heraus, die in der Erarbeitung von Konsequenzen für (sport)politische Debatten münden sollen.

Weitere Projektdaten

Projektteam: Prof. Dr. Sebastian Braun (Projektleiter), Tina Nobis, Rut Schwitalla, Paulina Zelazowska-Müller

Laufzeit: 12/2009 bis 11/2011

Mittelgeber: Bundesministerium des Innern aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF), Landessportbund Nordrhein-Westfalen (LSB NRW)